Der TMV hat dem Schirmherrn des neuen Hiphop-Balls, der am Sitz der Berliner Landesregierung stattfinden wird, einen gesalzenen Brief wegen des Uber-Sponsorings der Veranstaltung geschrieben. Der Empfänger ist kein geringerer als der Regierende Bürgermeister Kai Wegner.
Uber-Arena, Uber-Platz, Uber Eats Music Hall, Berlinale, Fashion-Week, Bundespresseball – und nun auch noch Uber als Sponsor beim neuen HipHop-Ball: Der amerikanische Fahrdienst, der bei unkritischen jungen Leuten als cool und hip gilt, obwohl sein Geschäftsmodell auf Rechtsverstößen basiert und seine Partnerunternehmen in kriminellen Strukturen verwoben sind, kauft sich Stück für Stück des öffentlichen Raums in der Bundeshauptstadt.
Jetzt der nächste öffentliche Auftritt des Fahrdienstes: Uber ist Partner Nummer eins des „HipHop-Balls“, einer Kulturveranstaltung, die erstmalig am 1. November 2025 von der Urban Artistic GmbH im Berliner Rathaus (im Volksmund „rotes Rathaus“) veranstaltet wird. „Eine Nacht voller Überraschungen, Kunst und Kultur, die durch innovative Crossover-Interpretationen völlig neu definiert wird“, heißt es auf der Internetseite des Veranstalters.
Der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV), der die Ausbreitung Ubers im öffentlichen Raum sehr kritisch beobachtet, hat Kai Wegner (CDU), dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, in einem eindringlichen Schreiben die Niederlegung der Schirmherrschaft der von Uber gesponserten Veranstaltung nahegelegt. Man sei als Verband „fassungslos und entsetzt“ über die Übernahme der Schirmherrschaft, zumal die Veranstaltung in einem Wahrzeichen der Stadt stattfindet.

TMV-Hauptgeschäftsführer Patrick Meinhardt kommt gleich zur Sache: Es sei ein bundesweit starkes Zeichen, dass gerade in Berlin die Machenschaften um 1.700 illegale Mietwagen von Uber & Co. aufgedeckt und gegen Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung und Sozialdumping konsequent durch Landesbehörden in Ihrer Verantwortung, den Zoll und die Staatsanwaltschaft ermittelt wird.
„Und es ist für uns ermutigend, dass aus dem Abgeordnetenhaus heraus in den Anträgen der Regierungsfraktion klare Signale für die mittelständische Taxi- und Mietwagenbranche gesendet werden, und hoffentlich auch nach dem Tarifkorridor baldmöglichst den Mindesttarifen für Mietwagen der Weg geebnet wird, um dem ruinösen Raubtierkapitalismus von Uber & Co. auf den Berliner Straßen einen Riegel vorzuschieben.“
Gerade deswegen sei es aber ein fatales Signal, dass Wegner die Schirmherrschaft über eine Veranstaltung übernimmt, die von Uber gesponsert wird. „Sollten diese relevanten Faktoren den prüfenden Stellen in Ihrem Haus aus unerfindlichen Gründen entgangen sein, haben Sie jetzt immer noch die Chance, die Schirmherrschaft niederzulegen. Es ist ein Bärendienst, gerade in Berlin zuzulassen, dass sich Uber & Co. ständig mit seinen offensichtlich vorhandenen finanziellen Ressourcen aus der kalifornischen Zentrale einkaufen kann.“
Meinhardt appelliert an Wegners Bewusstsein als Repräsentant der Stadt: es schade dem Image der Bundeshauptstadt enorm, immer mehr zur gekauften Uber-City zu werden. Begriffe wie Uber-Arena und Uber Eats Music Hall sowie das Sponsoring so vielbeachteter Veranstaltungen wie Berlinale, Fashion-Week, Bundespresseball und nun auch noch HipHop-Ball seien „für jeden anständigen Mittelständler, der tagein tagaus in Berlin für eine gute wirtschaftliche Basis sorgt und Steuern zahlt, immer wieder ein erneuter Schlag ins Gesicht“.
Geradezu absurd werde es aber, wenn man dann auf der Homepage des Veranstalters zu lesen bekomme: „Unsere Partnerschaften sind ein Ausdruck von Vertrauen, gemeinsamen Werten und einer gemeinsamen Vision. Sie sind das Fundament, das es uns ermöglicht, kulturelle Grenzen zu überwinden, neue Impulse zu setzen und eine Veranstaltung zu schaffen, die über einen Abend hinausstrahlt.“
Noch abstruser mute bei den beschriebenen Werten des Unternehmens der Abschnitt über Integrität an: „In unserer Zusammenarbeit mit Kundinnen, Partnerinnen und Familien steht unser Anspruch im Mittelpunkt, stets das Richtige zu tun. Wenn uns das Vertrauen für das Geschäft einer Kundin entgegengebracht wird, nehmen wir diese Verantwortung sehr ernst – auch wenn dies nicht immer der einfachste oder populärste Weg ist. Am Ende leitet uns das Prinzip der goldenen Regel und genau so möchten wir arbeiten. Wir verpflichten uns, ein Ort zu sein, an dem wir das Richtige tun, weil wir es für richtig halten. Integrität stellt sicher, dass all unsere Handlungen mit höchsten ethischen Standards im Einklang stehen. In Kombination mit Vertrauenswürdigkeit und Qualität sind sie für uns unverzichtbare Grundpfeiler unseres Handelns.“
Dazu Meinhardt unverhohlen sarkastisch: „Ja, das ist wohl wahr: Hier werden kulturelle Grenzen überschritten, nämlich die des guten Anstandes, der Werte des Ehrbaren Kaufmanns und der Prinzipien unserer Sozialen Marktwirtschaft mit einem fairen Wettbewerb. Und wenn die Orientierung sein soll, das Richtige zu tun, weil es für richtig gehalten wird, dann gibt es aus der Sicht des TMV nur zwei mögliche Handlungsoptionen: Entweder, sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, Sie geben die Schirmherrschaft zurück oder Sie überzeugen den Veranstalter, sich umgehend von Uber als Sponsor zu trennen.“
Der TMV schließt sein Schreiben mit dem Angebot an Wegner, ihm „gerne für ein noch entschiedeneres Vorgehen gegen Uber & Co.“ den Rücken zu stärken, und dass man sich „über ein eindeutiges Zeichen von Ihnen freuen“ würde. ar
Beitragsbild: Ausschnitte aus dem Internetauftritt des Hiphop-Balls und des TMV-Schreibens an Kai Wegner; Collage: Axel Rühle