Der älteste Berliner Landesverband des Taxigewerbes feierte sein 125-jähriges Bestehen. Neben hochrangigen Vertretern des deutschen Taxigewerbes erschienen auch Landespolitiker. Der Bundesverkehrsminister gratulierte beim Treffen am Vortag.
Fragt man Berliner nach einer Interessenvertretung des Taxigewerbes, so fällt den meisten als erstes die „Taxi-Innung“ ein. Sie wird bei Bedarf von den meisten Medien zuerst gefragt. Am Freitag wurde medienwirksam Jubiläum gefeiert, auch wenn vielen im Gewerbe jedes Jahr ein Stückweit weniger zum Feiern zumute ist. Im Vorfeld hatten „Innungs“-Vertreter sich gegenüber der Presse angesichts des Vernichtungskriegs durch Uber & Co. auch eher resignativ als zuversichtlich oder gar kämpferisch gegeben, und dementsprechend hatte die Berichterstattung zum Teil etwas von einem Abgesang auf eine Traditionsbranche.
Mit dem Jubiläum seines jüngsten Mitgliedes hatte der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV) am Vortag nicht nur die Bekanntgabe seines Vorstoßes gegen den Raubtierkapitalismus durch Uber & Co. gegenüber der Presse verbunden, sondern zudem mit einem Besuch bei Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder – der dann auch gratulierte: „Die Innung des Berliner Taxigewerbes kann auf sich und das, was sie erreicht hat, stolz sein. 125 Jahre als mittelständische Dienstleister in Berlin engagiert zu sein, ist eine herausragende Leistung. Als Verkehrsminister der Bundesrepublik Deutschland möchte ich allen Unternehmern und Fahrern für ihren Einsatz ein herzliches Dankeschön sagen.“
Die Geschäftsstelle der „Innung“ in Berlin-Schöneberg ist zu klein für Feiern, erst recht für so ein Jubiläum, und so stellte das Toyota-Autohaus Motor Company, das nicht nur mit der „Innung“, sondern mit dem Taxigewerbe allgemein eine gute geschäftliche wie freundschaftliche Kooperation pflegt, seine Filiale in Berlin-Wilhelmstadt, einem Ortsteil des westlichen Außenbezirks Spandau, für die Feier am 13. Juni zur Verfügung – und hatte nicht nur reichlich Personal vor Ort, das sich um die Gäste sowohl beratend als auch im gastfreundlichen Sinne kümmerte. Auch ein abwechslungsreiches Buffet stand für die Taxiunternehmer, Gewerbevertreter, Politiker und Journalisten bereit.

Zur Feier des Jubiläums hatte der Vorstand sich etwas Besonderes für das Auge einfallen lassen: Verbandschef Leszek Nadolski und Vorstandskollege Mirek Jurenz waren mit schwarzen Gewändern gekleidet, wie Droschkenkutscher zu Zeiten von Gustav Hartmann sie bei der Arbeit trugen, dazu die passenden Kopfbedeckungen. Gefertigt worden waren die Gewänder von „Innungs“-Mitglied Yvonne Rothschild, die letztes Jahr im Alter von 78 Jahren ein Taxiunternehmen gegründet hatte. Die langjährige Schneidermeisterin hat außerdem mehrere historische Fahnen der „Innung“ restauriert.

Autohausbetreiber Detlef Slupinski, Oberhaupt des Familienbetriebs, der für seine undogmatische Geschäftsführung bekannt ist, beeindruckte die Gäste mit seiner Begrüßungsansprache, in der er die Gratulation zum Jubiläum mit einem Plädoyer für Wertschätzung und Respekt im zwischenmenschlichen Umgang in der Wirtschaft verband. Er würdigte die Tätigkeit des Taxifahrers als „schweren Beruf“ (er deutete an, dass seine Eltern aus der Branche kamen), betonte die Wichtigkeit einer guten Berufsausbildung (sein Unternehmen habe 70 Auszubildende) und widersprach der weit verbreitenden Klage in der Wirtschaft, es sei schwer, Auszubildende zu bekommen: „Ich kann das Gegenteil sagen: Man muss sich mit den Leuten beschäftigen. Es sind Menschen.“ Sie seien nur nicht zum Brötchenholen da, sondern müssten ausgebildet werden, damit sie einen Plan haben. Dafür sei es zunächst auch nötig, Geld locker zu machen. Slupinski, der mit seiner Frau eine Stiftung zur Unterstützung von benachteiligten Auszubildenden ins Leben gerufen hat, erhielt viel Beifall.

Politprominenz war zahlreich vor Ort. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die „Innung“ seit Langem gute Kontakte zur SPD, besonders in Spandau, unterhält, und so waren nicht wenige Spandauer Sozialdemokraten unter den Besuchern, wobei die höchstrangige Politikerin eine Christdemokratin war: Verkehrssenatorin Ute Bonde ließ es sich nicht nehmen, persönlich zu erscheinen, und sie war nicht in Eile, sondern nahm sich ausgiebig Zeit, sich von Nadolski Memorabilien zeigen zu lassen und sich mit Unternehmern und anderen Besuchern über politische Dinge auszutauschen oder zu unterhalten. Dabei war meist Dr. Severin Fischer (SPD) an ihrer Seite, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe und damit einer der wichtigen Entscheidungsträger in Sachen Elektromobilität, einem der aktuell großen Themen der Taxi-„Innung“. Aus seinem Hause war außerdem Referentin Birgit Erler dabei.

Der Star für die Taxibranche unter den anwesenden Politkern war allerdings Tino Schopf, der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, der mit Vehemenz gegen den kriminellen Mietwagensumpf kämpft und, als er in der ersten Rede begrüßt wurde, spontan langen Applaus erhielt. Er war mit seiner Fraktionskollegin Sebahat Atlı und Schülerpraktikantin Carla Nellmann erschienen. Außerdem waren Aldona Maria Niemczyk von der CDU-Fraktion, die frühere SPD-Abgeordnete Burgunde Grosse, der Spandauer Bezirksbürgermeister Frank Bewig (CDU), Stadtrat Gregor Kempert (SPD), die Spandauer SPD-Fraktionsvorsitzende Ina Bittroff und der CDU-Bezirksverordnete Siegfried Wärk vor Ort.
Nach Detlef Slupinskis Begrüßungsansprache hielt die gut gelaunte Verkehrssenatorin Ute Bonde eine Rede, in der sie zunächst dem Gastgeber für die freundliche Begrüßung dankte (angeblich die bisher freundlichste in ihrem ersten Jahr Amtszeit – schwer vorstellbar, da sie ja bereits Kontakt zum Taxigewerbe hatte) und anschließend in Anspielung auf Nadolskis „Gewand“ den „lieben Droschkenkutscherinnen und Droschkenkutschern“ und besonders der „Innung“ für ihr Engagement dankte, das sie als „beeindruckendes Stück Berliner Geschichte“ bezeichnete. Sie zitierte den bekannten Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicky mit der Aussage „Geld macht nicht glücklich, aber wenn man unglücklich ist, ist es schöner, in einem Taxi zu weinen, als in einer Straßenbahn“. Sie sei für beide Verkehrsmittel zuständig und schließe sich Reich-Ranickys Aussage an.

Dann sprach sie über Themen, die das Gewerbe aktuell bewegen (siehe dazu unsere gesonderte Meldung) und würdigte die Rolle der Branche für „die Stadt, die wir alle lieben“.
Nach Bonde übernahm Staatssekretär Dr. Severin Fischer aus der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe (SenWiEnBe) das Mikrofon, der die „beeindruckende Kulisse“ lobte, vor der man feiere. Das war keine Übertreibung: Die Veranstalter hatten mit Aufwand und Liebe zum Detail Ausstellungsstücke und Fotos aus allen Epochen des Taxigewerbes zu einer kleinen Ausstellung arrangiert.
Auch das E-Taxi-Förderprogramm WELMO, bei dem die „Innung“ ein besonders engagierter Berliner Landesverband ist, war dokumentiert – und wurde zum Teil von Fischers Rede, die ebenfalls Gegenstand einer gesonderten Meldung ist und in die feierliche Übergabe eines E-Taxis mündete, das die „Innung“ unter Inanspruchnahme der WELMO-Förderung gekauft hatte, und das in einem Nebenraum des Autohauses bereitstand. „Wir haben die Anwesenheit von Senatorin Bonde und Staatssekretär Dr. Fischer genutzt, um im Namen des Gewerbes Dankeschön zu sagen für die Unterstützung bei der Elektrifizierung der Flotten in Berlin“, so Nadolski gegenüber Taxi Times. Um den Medien ein weiteres Fotomotiv zu bieten, nahmen Bonde und Nadolski in dem Taxi Platz, so dass die Präsentation zu einem kleinen Highlight wurde.

Zum E-Taxi-Thema gab es dann ein moderiertes Gespräch mit zwei Spezialisten: Dr. Lutz Kaden, Branchenkoordinator Verkehr im Ressort Wirtschaft & Politik der IHK Berlin, und Dr. Nico Grasselt, Projektmanager Urbane Mobilität und zuständig für Flottenmanagement bei der Berliner Agentur für Elektromobilität (eMO). Kaden erzählte, er fahre zwar privat noch nicht elektrisch, habe aber mit dafür gesorgt, dass die IHK in ihrer eigenen Tiefgarage im Berliner Ludwig-Erhard-Haus jetzt 14 E-Ladepunkte mit günstigen Konditionen anbietet. Trotz der außergewöhnlichen Architektur habe das Gebäude zudem eine eigene Solaranlage auf dem Dach. Kaden lobte die ehrenamtliche Arbeit von Gewerbevertretern, gerade auch jenen aus der „Innung“, die in der IHK die Sach- und Fachkundekundeprüfungen abnehmen und so dafür sorgen, dass künftige Unternehmer in der Taxi- und Mietwagenbranche kompetent in ihre Unternehmerschaft starten. Grasselt referierte über Details des Welmo-Programms und lud alle Interessierten ein, sich an ihn zu wenden, wenn sie sich mit dem Gedanken an Taxi-Elektrifizierung beschäftigen und Tipps gebrauchen könnten.

Den Reden der Politiker und der Experten hörten viele Vertreter des deutschen Taxigewerbes zu. Die Berliner „Innung“ war über Jahrzehnte einer der Berliner Mitgliedsverbände im Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM), dem früheren BZP. Der legendäre Heinz Peter, einer der wohl bekanntesten und einflussreichsten Taxi-Gewerbevertreter seit Gustav Hartmann, war ab 1969 „Innungs“-Vorsitzender und ab 1983 gleichzeitig Präsident des Bundesverbandes (und ab 1987 auch noch Taxipräsident der IRU), bis er 1995 aus allen drei Ämtern ausschied. Der BZP war auf der Jubiläumsfeier in Person von Vizepräsident Hermann Waldner präsent – für den das Event ein Heimspiel war: Waldner ist zugleich Vorsitzender der Gewerbevertretung Taxi Deutschland Berlin e. V. (dem derzeit einflussreichsten Berliner Landesverband) und Inhaber der Funkvermittlung Taxi Berlin, die seit Kurzem ebenfalls im Bezirk Spandau ansässig ist. Er war mit seinem Marketingchef Jens Schmiljun, Vorstandsmitglied bei der Zentralenvereinigung Taxi Deutschland, erschienen. Ebenfalls vom Bundesverband war der langjährige Mitarbeiter Frederik Wilhelmsmeyer gekommen.
Da die „Innung“ inzwischen aus dem BVTM ausgetreten und seit Anfang dieses Jahres Mitgliedsverband im Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV), dem zweiten Dachverband neben dem Bundesverband, ist, war besonders der TMV personalstark vertreten: Neben Präsident Thomas Kroker, Vizepräsident Markus Gossmann und Hauptgeschäftsführer Patrick Meinhardt waren Nico Höttges, Büroleiter und stellvertretender Vorsitzender des Verbandsrates, sowie Christian Linz, Chef des bayerischen Landesverbandes, nach Berlin-Wilhelmstadt gekommen und zeigten bei der Feier ihres jüngsten Mitgliedsverbandes Präsenz.


Auch der komplette Vorstand der „Innung“ selbst, bestehend aus Leszek Nadolski, Mirek Jurenz, Danielo Baltrusch, Mariusz Kramer und Lutz Schneider, war anwesend, des Weiteren Veteran und Ehrenmitglied Lothar Kubig sowie mehrere Mitarbeiter und zahlreiche langjährige und ehemalige Mitglieder und Angehörige, darunter der frühere Vorsitzende Uwe Gawehn, Nadolskis Ehefrau, Radiomacherin Sonja von Rein, Güven Aktaş, Kurt und Gisela Wilhelm, Michael Gatowski, Hans Renken, Yvonne Rothschild, Claus Demel und das wohl einzige „Innungs“-Mitglied mit Betriebssitz in Brandenburg, Bernd Bachmann. Der aus dem Landkreis Barnim stammende Taxiunternehmer ist seit Jahrzehnten Mitglied und hat seinen Berliner Taxibetrieb vor einigen Jahren auf eine Konzession verkleinert und zurück an seinen Wohnort Bernau bei Berlin verlegt, ohne deswegen „seiner Innung“ untreu zu werden.

Die „Innung“, wie sie im Berliner Taxijargon nur heißt, ist der bekannteste der fünf Berliner Landesverbände, wenn auch nicht mehr der mitgliederstärkste. Sie vertritt heute weniger als sieben Prozent des Berliner Taxigewerbes. Die Nummer eins war sie aber in den 1970er- bis 1990er-Jahren, zu Zeiten ihres legendären Vorsitzenden Heinz Peter, als jeder Jahresball ein rauschendes Fest war, zu dem immer der Regierende Bürgermeister erschien. Die Bezeichnung „Innung“ muss genau genommen in Anführungszeichen gesetzt werden, da der Verband nichts mit einer Handwerksgilde zu tun hat. Er setzte das Wort in seinem Namen aus diesem Grund lange Zeit auch selbst in Anführungszeichen, was sich aber mit der Zeit verlief. Streng genommen ist die „Innung“ in ihrer heutigen Rechtsform erst knapp 70 Jahre alt, aber am 12. Juli 1900 war die Personen-Lohnfuhrwerks-Innung gegründet worden, als deren Nachfolgeverband die heutige „Innung des Berliner Taxigewerbes“ sich versteht, daher das 125-jährige Jubiläum.


Natürlich waren auch die anderen Landesverbände und die IHK vertreten: Vom Taxiverband Berlin, Brandenburg e. V. (TVB) war der Vorsitzende Boto Töpfer gekommen, von Taxi Dutschland Berlin waren neben dem Vorsitzenden Hermann Waldner auch die Vorstände Ahmad Vahdati und Irene Jaxtheimer anwesend, von der Berliner Taxivereinigung e. V. (BTV) war Bernd Stumpf gekommen, der in Sachen E-Mobilität eng mit der „Innung“ zusammenarbeitet, und die IHK war durch Dr. Lutz Kaden, Dr. Nico Grasselt und „Innungs“-Mitglied Michael Klewer vertreten.
Auch langjährige Gewerbepartner waren gekommen und tauschten sich rege untereinander sowie mit den Besuchern aus, darunter Hüseyin und Muhammed Ergün von der Mercedes-Benz-Niederlassung in Schönefeld, Jürgen Simon von FVI24, Rainer Dörr von Mobile Garantie, die Geschwister Marco Kosch und Insa Wegener von TaxiWin (Inhaber des Familienbetriebs ist Vater Rüdiger Kosch), Abdulkadir Taysi von Hale, Jörg Werner und Marc Bogedali von Heedfeld sowie Sven Schnürpel, Alexander Frank und Thomas Schmidt vom Funk- & Taxameterdienst Kraft.

Eine Art Ehrengast war Profi-Fotograf Klaus Maria Einwanger, der Bonde und Fischer je ein Exemplar seines Fotobandes „Taxi Drivers“ überreichte (Nadolski besaß selbstverständlich schon eins), in dem er weltweit Taxifahrer bei der Arbeit portraitiert hat. Mit ihm unterhielten Bonde, Fischer und Nadolski sich angeregt.
Gastgeber Detlef Slupinski hatte zur Feier eine riesige Torte mit Taxi-Design und Innungs-Logo gestiftet, die schließlich feierlich von Leszek Nadolski, Ute Bonde und Dr. Severin Fischer angeschnitten wurde – und allen, die sich ein Stück genehmigten, bestens schmeckte. Da die Torte mehr als großzügig bemessen war, erhielt jeder Interessent ein Stück, und für Vorstandsmitglied Danielo Baltrusch und seine Frau fand dieser kulinarische Teil der Feier am nächsten Tag gar noch eine Fortsetzung.

Als krönenden Abschluss hatte der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland seinen Auftritt. Thomas Kroker, Markus Gossmann, Patrick Meinhardt, Nico Höttges und Christian Linz traten zusammen, um Nadolski stellvertretend für seinen Verband eine Ehrenurkunde zu überreichen. Kroker und Meinhardt würdigten die Arbeit ihres jüngsten Mitgliedsverbandes in feierlichen Ansprachen, garniert mit einem von Christian Linz vorgetragenen, KI-generierten Gedicht, das für Heiterkeit sorgte und so bestens in die Stimmung der gesamten Veranstaltung passte. ar
Fotos: Axel Rühle